Demokratie schützen

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Ich wollte eigentlich eine Büttenrede schreiben, aber da habe ich wohl wieder mal die richtige Zeit verpasst. Warum es eine Büttenrede sein sollte? Ist Euch schon mal aufgefallen, dass die Büttenrede im Karneval die einzige freie Meinungsäusserung ist, auf die es keinen Shitstorm gibt, weil man denkt, dass sie selbst schon der Shitstorm ist?! Aber Shitstorm hin oder her. Wichtig ist eigentlich nur, dass wir unsere Meinung frei äussern können.

Wir dürfen uns glücklich schätzen in einem Land zu leben in dem es möglich ist unsere Meinung frei zu äussern. Gerade vor dem Hintergrund des Todes von Alexei Nawalny sollte uns dies wieder einmal sehr deutlich werden. Ich darf hier meine Meinung sagen, ohne, dass ich damit rechnen muss, dafür verhaftet, eingesperrt oder gefoltert zu werden. Ich darf meine Meinung sagen und das muss Dir nicht gefallen. Du darfst darauf antworten und das muss mir nicht gefallen. Dennoch haben wir beide das Recht dazu unsere Meinung zu sagen.

Der Diskurs, das miteinander oder auch gegeneinander um eine Sache zu streiten und bestenfalls eine gemeinsam getragene Lösung, einen Kompromiss, zu finden, das ist die Grundlage unserer DEmokratie. Aber das setzt voraus, dass man bereit ist einander zumindest zuzuhören. Wer nicht zuhören und den anderen verstehen kann, kann auch keinen Kompromiss finden. Bei vielen Shitstorm-Texten habe ich das Gefühl, dass die Menschen gar nicht bereit sind zuzuhören. Sie lassen sich durch ein Wort triggern ohne auf den Inhalt der Gesamtaussage zu hören – und schon kann der Shitstorm losgehen.

Und ja, es gibt auch Äußerungen, die keinen Kompromiss zulassen, weil sie der Demokratie widersprechen oder sie gar abschaffen wollen. Ich bin im Augenblick sehr stolz darauf in einem Land zu leben, in dem die Menschen seit Wochen auf die Strasse gehen, um deutlich zu machen, dass Rassismus und rechtes Gedankengut in unserer Demokratie keinen Platz haben. Und doch frage ich mich auch manchmal ob die Menschen da in den Demos wissen was sie tun oder ob sie auch „nur“ einer Idee hinterher laufen?!

Ich habe vor einiger Zeit auch die Unterschriftenliste gezeichnet in der gefordert wurde ein Verbot der AfD zu prüfen. Dazu stehe ich und ich finde es als ein legitimes Mittel der Demokratie demokratiefeindliche Bestrebungen zu beobachten und die Verfechter dieser Bestrebungen in ihrem Agieren zu hindern. Aber ich frage mich ob ein tatsächliches Verbot der AfD das richtige Mittel ist.

Man hat auch die NPD seinerzeit verboten. Inzwischen ist sie aber als „Die Heimat“ wieder auf den Wahlzetteln. Wird die AfD nicht auch sofort alle möglichen Mittel nutzen sich umzubenennen und weiter zu machen? Was wäre dann gewonnen? Es muss in erster Linie darum gehen, das Gedankengut, das hinter diesen Akteuren steht, zu beseitigen. Es geht nicht um die AfD. Die ist nur ein Symbol für die verquere Ideologie, die dahinter steht. Und diese Ideologie, der Nationalismus in Verbindung mit Rassismus und Fremdenhass, sind leider immer mehr angewachsen.

Auch die heute neu gegründete Partei „Werteunion“ fischt am rechten Spektrum und da sind noch einige Parteien mehr. Es wird nicht lange dauern bis sich die Mitglieder der AfD nach einem möglichen Verbot einen neuen Platz gesucht haben von dem aus sie ihre rechten Parolen weiter vertreten und verbreiten können. Und vielleicht sind diese Neugründungen bereits der nächste Schritt die Demokratie zu untergraben. Es gibt nur einen Weg dem rechten Gedankengut den Garaus zu machen: Kein Kreuz auf dem Wahlzettel bei rechten Parteien! Und auch bei anderen Parteien in denen solche Tendenzen zu bemerken sind.

Nachtrag:

Ich fand im Laufe des Tages die Nachricht sehr interessant über das Versteckspiel der neuen „Werteunion“. Das Schiff auf dem die Gründung der Maassen-Partei stattfinden sollte, wurde am Anleger in Bad Godesberg angekündigt. Daraufhin haben sich dort etwa hundert Menschen zu einer Demo versammelt und ein Großaufgebot der Polizei war vor Ort. Doch es kam kein Schiff. Das war mehrere Kilometer weiter in Rheinhessen an einem anderen Anleger. Schon sehr interessant, wenn man sich vor den Bürgern, die man ja angeblich vetreten möchte, schon vor der Gründung der Partei verstecken muss.

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