220.000 Computer wurden am letzten Freitag innerhalb weniger Stunden von einem verheerenden Virus befallen und erpresst. Darunter Krankenhäuser, Telefongesellschaften, das russische Innenministerium und viele weitere. Durch Zufall (!) und quasi „aus Versehen“ hat ein junger Sicherheitsexperte den richtigen Schlüssel gefunden diesen Cyberangriff zu stoppen.
Die Seite Tarnkappe.info hat in einem Beitrag über den Angriff der Schadsoftware „WannaCry“ berichtet, der nur durch Zufall von einem 22jährigen Sicherheitsexperten aus Großbritanien gestoppt wurde. Das lese ich eigentlich auch eher zufällig, während ich mich an diesem Abend durch die Sozialen Medien klicke und in Foren über den Ausgang der Wahl in NRW diskutiere. Und mir schiesst der Gedanke durch den Kopf, was wäre eigentlich geschehen, wenn dieser 22jährige Nerd die Notlösung nicht sofort entdeckt hätte?
Experten gehen davon aus, dass die Angriffe schon heute erneut beginnen werden. Ein Virus der sich innerhalb weniger Stunden in alle Bereiche ausdehnen kann und unaufhörlich weiter verbreitet. Was passiert, wenn er nicht gestoppt werden kann? Oder ketzerisch gefragt: Was passiert, wenn auf diese Weise jemand einfach das Internet abschaltet?!
Einige meiner guten Freunde verbringen täglich einige Stunden in einem Browsergame, wir kommunizieren über SocialMedia (Facebook, WhatsApp, Instagram, etc, etc.), unsere Telefonverbindungen sind digitalisiert ……… alles wäre plötzlich aus. Ich glaube, ich muss hier nicht weiter aufzählen, was alles digitalisiert ist, was mit dem Netz verbunden ist. Jeder kann sich ausmalen wie die Folge aussieht:
Die Welt würde auf einmal stillstehen!
Wir leben in einer Welt, in der das Handy quasi zu einem „Körperteil“ geworden ist. Wir können uns ohne diese Verbindung in alle Welt kaum noch bewegen. Insbesondere junge Menschen sind ohne Handy, überspitzt gesagt, kaum überlebensfähig. Ich bin 62 Jahre alt. Ich habe die analoge Welt noch kennengelernt und ja ich gehöre zu den Menschen, die in der Kindheit noch auf Bäume geklettert und durch Scheunen getobt sind. Aber auch ich lebe mit meinem Handy, als einen fast unverzichtbaren Teil der Kommunikation. Ich bin damit gewachsen bzw. erwachsen geworden. Und … meine Generation hat die Grundlagen für diese heutige Welt geschaffen.
Als ich meine Computersprachen lernte (Assembler, BASIC, COBOL) hatte niemand eine Ahnung oder auch nur die kleinste Vision davon, dass es irgendann einmal so viel schnellere Computer geben könnte und man seine gesamte Kommunikation eines Tages auf einem Fingenagel speichern können würde. Heute kann sich niemand mehr vorstellen, welche seitenlangen Programme damals geschrieben wurden um einen Taschenrechner zu einem Ergebnis zu bewegen oder ein Bild auf einen Bildschirm zu bekommen.
Die Zeiten haben sich verändert und sie haben sich in einer unvorstellbaren Geschwindigkeit entwickelt. Und nun stehen wir vor der Erkenntnis, dass unsere Welt digitalisiert ist. Es gibt nicht mehr viel, das nicht durch Computer gesteuert wird. Und auch dieses Wenige, werden wir in absehbarer Zeit digitalisiert haben.
Nur der Mensch funktioniert, abgesehen von seinem Gehirn, immer noch analog. Er denkt und handelt unlogisch, egoistisch, unberechenbar. Und damit bringt er unsere schöne digitale Welt in Gefahr. Aus Habgier oder einfach „nur Spaß“ werden Programme ins Netz gestellt, die alles in Gefahr bringen – und im schlimmsten Falle sogar töten können. Das nämlich wäre der Fall gewesen, wenn in den Krankenhäusern, die betroffen waren, nicht sofort richtig reagiert worden wäre. Doch was, wenn Ausweichmöglichkeiten auch nicht mehr gegeben sind? Haben wir dann noch genug analoges Wissen und Können, um Katastrophen zu vermeiden? Haben wir noch ausreichend viele Ärzte, Schwestern und Pfleger, die auch noch mit einfachen Mitteln operieren und helfen können? Was würde passieren beim Ausfall der digitalisierten Intensivmedizin?
Und was ist mit dem Ausfall von Telekommunikations- und Daten-Leitungen? Was ist, wenn Logistikzentren wieder auf Papier planen müssten? Könnten wir das noch? Und woher bekommen wir dann die nötigen Daten? Was macht die Kassiererin im Supermarkt, kassieren mit Stift und Papier? Und woher weiß sie dann die Preise, die doch sonst der Scanner erfaßt? Was machen wir ohne Fernsehen, ohne Computer, ohne Radio?
Vielleicht ist die „WannaCry“-Attacke und die Gefahr der nächsten Tage, der notwendige Punkt, uns einmal nachdenken zu lassen, wie sehr wir von der digitalen Welt inzwischen abhängig sind. Und vielleicht hilft es uns, bewußt einmal ein paar Stunden das Handy aus der Hand zu legen und uns in der Welt umzuschauen, die (nicht digitalisiert) um uns herum immer noch existiert und eigentlich die Grundlage unseres Lebens sein sollte.
In den nächsten Tagen und Wochen werde ich zeitweise nicht erreichbar sein. Ich will mein vernachlässigtes analoges Leben wieder mehr kennenlernen. Eines Tages wird es wichtig sein, mehr darüber gelernt zu haben. Und das sollten wir tun, bevor er da ist
der Tag, an dem die Welt stehen bleibt..
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